Enorme Gesamtkunstwerke
Zu den besonderen Höhepunkten des Lehrplanes zählen die Klassenspiele in der 8. und die Abschlussspiele in der 11. oder in der 12. Klasse. Das war allerdings nicht immer so. An die heute übliche Aufführung abendfüllender Theaterstücke wurde in den Gründungsjahren der Waldorfschulbewegung nicht gedacht. Wird mit den großen Theaterinszenierungen also Jahr für Jahr etwas pädagogisch Überflüssiges unternommen? Sollten solche umfangreichen Vorhaben, die sich zudem als sehr zeitintensiv und als extrem belastend für alle Beteiligten herausstellen, nicht besser auf ein „Mittelmaß“ gekürzt werden?
Eine erste Durchsicht von Schulchroniken entlarvt bald diesen Rückschluss als vorschnell. Neben Berichten über beeindruckende Inszenierungen finden sich hier oft auch Erinnerungen ehemaliger Waldorfschüler und Lehrer. Von „für das Leben prägenden Erfahrungen“ während der Theaterproben oder von „dramatischen Erinnerungen an unser Stück“ ist da die Rede, beispielhaft aber auch die Aussage: „Erst während der Proben wurden wir zu einer wirklichen Gemeinschaft!“
Gerne werden mit den Klassen ab dem ersten Schuljahr Rollenspiele und Szenen eingeübt. Etwa für Monatsfeiern oder Schulfeste wird regelmäßig chorisches Sprechen, der Vortrag in Einzelstimmen, aber auch Singen, Musizieren, eurythmisches oder akrobatisches Bewegen geübt. Hierin unterscheidet sich allerdings der pädagogische Auftrag des Waldorf-Lehrplanes deutlich von den Theater-AGs oder Wahl-Kursen anderer Schulformen. Jeweils die ganze Klasse und nicht nur eine Gruppe Interessierter führt ihr Stück auf!
Spätestens in der Mittelstufe besitzen Waldorfschüler also einen reichen Schatz an Bühnenerfahrung. Daraus folgt Stolz auf bereits vollbrachte Leistungen und vor allem das nötige Selbstvertrauen für die beiden großen anstehenden Theaterprojekte. Denn in der 8. und in der 12. Klasse werden inzwischen die großen „Klassenspiele“ inszeniert.